Erinnern Sie sich noch an die Fahrschule und die Führerscheinprüfung? Bei mir ist es rund 25 Jahre her. Es ist wohl für jeden eine aufregende und auch anstrengende Zeit, bis man die ersehnte Fahrerlaubnis endlich in Händen hält. Bei mir hieß es: pauken in den Kursen, üben mit Papierbögen zuhause, die ersten zaghaften Fahrversuche und dann die theoretische und die praktische Prüfung. Ich habe mit Fahrlehrer Stefan Sittl aus Straubing gesprochen, was sich seit meiner Fahrschulzeit geändert hat.
Besonders deutlich erinnere ich mich noch daran, mit Stapeln von Bögen am Küchentisch gesessen zu haben. Überlegen, Kreuzchen machen, überprüfen mit der Schablone. Im Idealfall wurden die Fehler schnell weniger, die Bilder und Fragen prägten sich ein. Ein Pluspunkt: Wer alle Bögen im Schlaf beherrschte, der war vor bösen Überraschungen in der theoretischen Führerscheinprüfung sicher. Das nötige Rüstzeug für die Theorieprüfung erhielt ich an zwei Abenden pro Woche in Doppelkursen. Die theoretische Ausbildung zog sich also über mehrere Wochen hinweg.
Geballter Input
Heute gibt es geballten Input in der Fahrschule von Stefan Sittl. Die Schüler erhalten an sieben aufeinander folgenden Werktagen jeweils zwei Unterrichtsstunden. In knapp eineinhalb Wochen ist die Theorie also geschafft. Das sei jedoch von Fahrschule zu Fahrschule verschieden, erklärt Fahrlehrer Sittl. Das Üben erfolgt schon seit längerer Zeit auf digitalem Weg. Papierbögen ausfüllen ist längst überholt. Eine ganze Weile kam bei Fahrschülern der "Theo" zum Einsatz. Das handliche Endgerät, ähnlich einem Tablet, konnte überall mit hingenommen werden. In den Bus, ins Wartezimmer, in die Schule.
"Heute hat so gut wie jeder Fahrschüler ein Smartphone," erklärt Stefan Sittl. Deshalb erfolgt das Lernen meist über das Handy oder das Notebook bei seinen Fahrschülern.
Szenen am Bildschirm
Bei den Bögen konnte man sich jede Fahrszene noch in Ruhe anschauen und dabei überlegen, ob das blaue oder das rote Auto zuerst dran ist und was das Schild vor dem Auto bedeutet. Heute hat sich der Schwierigkeitsgrad durch bewegte Szenen deutlich erhöht für die Fahrschüler.
Ich fahre seit 25 Jahren Auto, bin ans Fahren gewöhnt. Mein Ehrgeiz auf Führerscheinfragen 2.0 ist geweckt. Stefan Sittl spielt mir auf dem großen Bildschirm im Unterrichtsraum eine Szene vor: Ich fahre auf einer Landstraße, Gegenverkehr, ein Feldweg. Ich bin mir sicher, dass ich die Videoszene komplett überblicke und bitte um die Fragen. "Unsere Fahrschüler dürfen solche Szenen bis zu fünf Mal ansehen, bevor sie sich an die Fragen wagen müssen," erklärt Stefan Sittl. Ich habe ja Routine, bin ich mir sicher. Das dürfte kein Problem sein.
Zu schnell - zu sicher
Die Frage lautet: "Warum sollten Sie hier Ihre Geschwindigkeit verringern?" Ich überlege: "Wegen des Traktors am Feldweg", so eine Antwortmöglichkeit. Nein, der fährt von der Straße weg. Da bin ich mir sicher. Die zweite Antwortmöglichkeit: "Wegen der 80er-Beschränkung in diesem Bereich". Schon bin ich aufgeschmissen. Ich kann mich beim besten Willen nicht an ein Schild erinnern, würde aber auch nicht beschwören, dass da keines war. Stefan Sittl lacht.
Solche Szenen wie mit mir kommen ihm anscheinend bekannt vor. Wer sich seiner Sache zu sicher ist und schon nach einem Durchlauf an die Fragen will, übersieht unter Umständen oft Details.
Genau konzentrieren
"Erschwerend kommt bei solchen Fragen noch dazu, dass oft die Szenen nicht eins zu eins so abgefragt werden. Oft sind es andere Autos, andere Landschaften." Bei meiner Prüfung vor 25 Jahren waren die Bilder eins zu eins wie auf den Übungsbögen.
In der Theorie hat sich durch den Einsatz moderner Medien meiner Meinung nach der Schwierigkeitsgrad deutlich erhöht. Vor der Theorie hatte zu meiner Zeit kaum einer Angst. Man konnte ja fleißig lernen. Die Durchfallquote war gering bei der Theorieprüfung. Wer hier beim ersten Mal bestand, konnte bares Geld sparen. Die Durchfallquote war bei der Praxisprüfung zu meiner Zeit deutlich höher. Hier gibt es viele Unwägbarkeiten.
Geringerer Eifer
"Heute fallen sehr viel mehr Fahrschüler bei der Theorie durch. Ein Grund ist wohl der geringere Lerneifer bei vielen", erklärt Stefan Sittl. Auch sind viele Migranten unter den Fahrschülern. Sie haben oft Probleme, sich an deutsche Verkehrsregeln zu gewöhnen. Die Fragen und Antworten erscheinen für Menschen aus anderen Ländern oft schwieriger als für deutsche Jugendliche, die mit dem heimischen Verkehr aufgewachsen sind. Ansonsten läuft die theoretische Prüfung auch auf elektronischem Weg ab. Zehn Fehlerpunkte darf man haben. Es gibt Fragen mit zwei, drei, vier oder fünf Punkten. Einzige Ausnahme: zwei falsche Fünfer-Fragen bedeuten: trotzdem durchgefallen. Der Punkteschlüssel ist also in der Theorie ähnlich wie bei mir damals.
Wer in der Theorie sicher ist, darf sich mit dem Fahrlehrer an seiner Seite in den Straßenverkehr wagen. Das war zu meiner Zeit so und hat sich natürlich auch bis heute nicht geändert. Ich komme vom Land. Der Fahrlehrer fuhr damals mit mir in ein ruhiges Dorf und ließ mich am Fahrersitz Platz nehmen.
Er fragte mich, ob ich schon Fahrerfahrung hätte. Ich verneinte. Allerdings wusste ich, dass viele meiner Freunde schon zumindest mit dem Traktor ihre Runden gedreht hatten und mit dem Fahrgefühl vertraut waren. Natürlich starb der Wagen bei mir auf der Dorfstraße erst mal ab. Mit einem lauten Aufheulen des Motors rollte ich dann beim zweiten Versuch langsam los. Ich fuhr - zwar nur Schrittgeschwindigkeit - aber ich fuhr. Zum ersten Mal! Dieses Gefühl ist für Fahrschüler damals wie heute wohl unvergesslich.
Dorfstraße und Hagen
"Wir üben mit unseren Schülern erstmal nicht direkt im Straßenverkehr," so Fachmann Sittl. Er startet mit seinen Fahranfängern gern auf dem Parkplatz Am Hagen. Hier ist es kein Problem, wenn der Wagen mal abstirbt oder der Motor rebelliert. Dass die Autos hier langsam und vorsichtig fahren, ist sogar gewünscht.
In der Praxis haben die Neuen Medien einen entscheidenden Vorteil, erklärt mir Stefan Sittl. Er hat Videoaufnahmen von der Fahrt durch Gefahrenstellen in Straubing gemacht. In der Fahrschule kann er Schüler so genau auf die möglichen Problemsituationen auf ihrer Prüfstrecke vorbereiten. Ich finde, das ist eine clevere Sache.
Wie bei mir damals, müssen neben beliebig vielen "normalen" Fahrstunden heute auch einige Sonderfahrten absolviert werden. "Fünf Überland-, vier Autobahn- und drei Nachtfahrstunden sind vorgeschrieben", so Stefan Sittl.
Rosa Lappen und Plastik
Ich kann mich noch daran erinnern, dass einige Bekannte zum Autoführerschein gleich den Motorradführerschein dazu gemacht haben. Wie hießen nochmal die Klassen? Ich muss auf dem rosa Papierführerschein nachsehen, welche Klassen ich fahren darf. Hier sind noch Felder bei Mofa und Auto ausgestanzt. Von den damaligen Klassen 1 bis 5 darf ich die Klassen 3, 4 und 5 fahren. Heute ist der Führerschein ein handliches Stück Plastik im Scheckkartenformat.
Bei den neuen Führerscheinklassen steige ich nicht durch. Es gibt scheinbar unzählige, bezeichnet durch Buchstaben, teilweise mit Zahlen ergänzt. Ich erfahre, dass man bei manchen Führerscheinklassen 24 Jahre alt sein oder schon in anderen Klassen Erfahrung haben muss. Oft ist die Theorie abgespeckt, wenn man vorher schon die Erlaubnis für eine andere Fahrzeugklasse hat. Trotzdem bleibt das neue Klassensystem ein Buch mit sieben Siegeln für mich. Gut, dass Stefan Sittl mir Broschüren mitgibt. Hier sind Klassen, Voraussetzungen und Altersbeschränkungen beschrieben.
Mein Fazit
Ich bin noch genauso froh über meinen Führerschein wie vor 25 Jahren. Keine Ahnung, ob ich ihn heute mit all der modernen Technik nochmals bestehen würde. Aber der Fahrunterricht ist durch moderne Medien ergänzt worden und das ist auch gut so!